Die Logistik mit Marktplätzen

Die Logistik mit Marktplätzen

Marktplätze sind einer der Treiber des E-Commerce-Wachstums. Das beweist auch das Ranking der umsatzstärksten Online-Shops der Schweiz: Sechs der ersten 10 Plätze belegen die Betreiber von Marktplätzen, auf denen zahlreiche Händler und Hersteller ihre Produkte an die Kundschaft verkaufen.

Marktplätze als Motor für die E-Commerce Logistik

In vielen Ländern bietet Marktplatzgigant Amazon seinen Partnern umfassende Logistikleistungen an. Im Rahmen von «Versand über Amazon» lagert das Unternehmen die Produkte seiner Partner in den eigenen Logistikzentren ein, kommissioniert und versendet die Waren. Ein Vergleich unter den schweizerischen Marktplatzbetreibern zeigt indes, dass sie in der Regel solche Leistungen nicht anbieten. So bietet Digitec Galaxus zwar Lieferanten die Möglichkeit, Produkte im Logistiklager einzulagern; diese Option gibt es aber nicht für die Marktplatzhändler.

Logistik als zentraler Erfolgsfaktor im E-Commerce

Die Logistik ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im digitalen Handel, was sich nicht zuletzt in den Engpässen vieler Anbieter während des Lockdowns gezeigt hat. Folgerichtig investieren die grossen Anbieter massiv in die Logistik. Prominente Onlinehändler, wie die Competec-Gruppe oder Zalando, melden den Bau neuer Logistikzentren oder deren Erweiterungen. Allein die Competec-Gruppe investiert CHF 70 Mio. Dem umsatzstärksten Marktplatz in der Schweiz, Digitec Galaxus, gelang es, durch die Inbetriebnahme neuer Logistikzentren die Kapazität während der Pandemie um 60% zu erhöhen (Digitec, 2021).

Schon heute bieten die grossen Anbieter sehr schnelle Lieferzeiten. Ein Ende ist hier aber noch nicht erkennbar, denn es wird weiter an der Geschwindigkeitsschraube gedreht. Und so wachsen die Erwartungen der Kunden, wie nicht zuletzt das aktuelle Wachstum im Bereich E-Food zeigt. Hier nimmt die Liefergeschwindigkeit eine Schlüsselfunktion ein. Dieser Entwicklung müssen sich auch kleinere Anbieter stellen.

Logistikoptionen für Händler

Ob Shop oder Marktplatz: Wohl fast jedes Handelsunternehmen steht beim Einstieg in den digitalen Handel vor der Frage, ob es die Endkundenlogistik selbst übernehmen will, oder mit einem Dienstleister zusammenarbeitet. Bei der Entscheidung spiele eine ganze Reihe von Faktoren eine Rolle. Gerade zu Beginn besteht die Herausforderung in der Skalierung und der Planbarkeit. Da es noch keine Vergleichswerte gibt, fehlen Erfahrungen über die Entwicklung der Verkäufe und damit den Anforderungen an die Logistik. Generell haben die Handelsunternehmen diese Optionen:

Eigene Logistik aufbauen

Die meisten Händler setzen die Logistik in Eigenregie um. Gerade weil sie eine wichtige Rolle für den Erfolg im E-Commerce spielt, wollen sich viele Anbieter das Thema nicht aus der Hand nehmen lassen. Es geht keine Gewinnmarge an Dritte verloren und die Handelsunternehmen sind unabhängiger. Allerdings ist der Aufbau einer eigenen E-Commerce-Logistik mit einigem Aufwand verbunden. Der Händler ist für alles verantwortlich: von der Aufbereitung der Versandetiketten, Verpackung und Handling bis hin zum Versand, Retoure, Warenlager u.v.m. Ein umfangreiches Warensortiment lässt sich nur durch die Anbindung einer Logistiklösung an den Shop bzw. das ERP-System bewältigen. Das verursacht entsprechende Kosten. Und eine eigene Logistik erfordert personelle Ressourcen und entsprechenden Platz. Beim Aufbau einer eigenen Logistik muss das Handelsunternehmen auch sicherstellen, dass die Lösung skaliert. Auch bei steigenden Bestellzahlen und gerade auch in Peakzeiten muss es in der Lage sein, alle Lieferungen abzuwickeln, um versprochene Lieferzeiten einzuhalten.

Outsourcing an Logistikpartner

Eine andere Option liegt in der Kooperation mit einem Logistikpartner, wie der Schweizerischen Post. Der grösste Vorteil liegt darin, dass der Händler sich auf sein Kerngeschäft fokussieren kann. Er überlässt die gesamte Logistik einem darauf spezialisierten Unternehmen. Das Outsourcing ist allerdings mit Kosten verbunden. Neben dem in Anspruch genommenen Lagerplatz kommen Abwicklungskosten für jeden Arbeitsschritt (Artikel ans Lager nehmen, Bestellungen Kommissionieren, Versand, Retouren entgegennehmen usw.) hinzu. Diese finanzielle Belastung ist bei Produkten mit eher kleinen Margen und kleinen Warenkörben eher schwierig zu bewältigen. Ein grosser Vorteil beim Outsourcing ist jedoch die Flexibilität: So lässt sich das benötigte Lager bei einem Partner einfach aufstocken oder verkleinern.

Die folgende Grafik zeigt, wie hoch die Logistikkosten für ein KMU bei der Schweizerischen Post sein können. Die Rechnung versteht sich als Beispiel, die tatsächlichen Logistikkosten hängen von vielen Faktoren ab:

Dropshipping

Beim Dropshipping (auch als Streckengeschäft bezeichnet) hat ein Handelsunternehmen die Ware nicht selbst am Lager, sondern leitet Bestellungen direkt an einen Distributor, Zwischenhändler oder gar Hersteller weiter. Diese verschicken die Produkte dann direkt an die Kundschaft. Ein Vorteil liegt darin, dass der Händler kein Lager aufbauen muss und das unternehmerische Risiko beim Lieferanten liegt. Der Aufwand von Handling, Versand, Produkt- und Lagerverwaltung liegt somit beim Lieferanten. Verständlicherweise schmälert dieses Modell meist die Marge der Verkäufer. Ein weiterer Nachteil: Es besteht eine grosse Abhängigkeit vom Lieferanten. Wenn dieser einen bestellten Artikel nicht liefern kann, sind auch dem Händler die Hände gebunden. Grundsätzlich stellt sich hier ohnehin die Frage, welche differenzierende Wertschöpfung der Händler in diesem Modell erbringt, wenn er lediglich eine zusätzliche Stufe im Distributionskanal darstellt.

Für die Entscheidung, welchen Weg in der Logistik ein Handelsunternehmen einschlägt, spielt auch eine Rolle, wie weit das Unternehmen in der Digitalisierung seines Geschäftsmodells ist. In der Anfangszeit, wenn die Bestellmengen überschaubar sind, ist es durchaus sinnvoll, die Logistik selbst zu übernehmen. Für Händler, die über eine gewisse Grösse hinausgewachsen sind, kann das Outsourcing von Logistikprozessen dagegen ein durchaus lohnender Weg sein.

Operative Flexibilität ist gefragt

Eine grosse Herausforderung in der Logistik ist die Bewältigung von Spitzen. Auf dramatische Weise wurde diese während des ersten Lockdowns in der Coronakrise sichtbar. Zu Spitzenlasten können auch Shopping-Events wie der Black Friday führen. Wirtschaftlich ist es kaum sinnvoll, die gesamte Logistik auf solche Spitzen auszurichten. Notwendig ist hier eine Flexibilität, um auf variable Bestellvolumen reagieren zu können.

Bei kleinen Unternehmen kann das bedeuten, dass auch die Mitarbeitenden aus anderen Bereichen in der Logistik mit anpacken. Grössere Logistikabteilungen können beispielsweise von Zwei- auf Dreischichtbetrieb umstellen.

Auch Marktplatzteilnehmer müssen mit solchen Schwankungen umgehen können. Die Marktplätze verlangen eine hohe Qualität bei der Zustellung von Bestellungen; das gilt vor allem in Bezug auf die Lieferzuverlässigkeit. Das ist auch nachvollziehbar. Denn da die Kundinnen und Kunden im Zweifel nicht differenzieren, wie der Lieferverzug zustande kam, fällt das negative Erlebnis auf den Marktplatz zurück. Deshalb strafen Marktplätze die Händler ab, die nicht innerhalb der geforderten Fristen die Bestellungen verschicken können. Nur mit einer effizienten und flexiblen Logistik ist der langfristige Erfolg auf Marktplätzen möglich.

Fazit

Effizienz, Qualität und Flexibilität sind in der E-Commerce-Logistik gefordert. Die Logistikprozesse stellen einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Einerseits, weil die Kundenerwartungen in Bezug auf Geschwindigkeit und Qualität hoch sind, andererseits, weil sie einen relevanten Kostenblock darstellen. Laufen die Prozesse nicht optimal, wird bei jeder Bestellung Geld verschenkt. Somit lohnt es sich also, genau hinzuschauen, ob sich Optimierungspotential in der Logistik bietet.

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